Curriculum Psychosomatische Grundkompetenz

Der Umgang mit Patienten gestaltet sich immer dann als schwierig, wenn differentialdiagnostisch festgestellt werden muss, welche bzw. in welchem Ausmaß Beschwerden als somatisch verursacht erklärt werden können und wo die Grenzen zu einer deutlichen psychosozialen Einflussnahme überschritten werden. Diese „schwierigen Patienten“ sind allgegenwärtig. Sie können bereits als solche in die Behandlung hineinkommen oder sich im Verlauf der Behandlung mehr oder weniger unerwartet zu solchen Patienten entwickeln.

Erkennt man zu spät, dass eine psychische Ursache Einfluss nimmt, besteht die Gefahr, dass das Beschwerdebild sich chronifiziert, weil die Betroffenen durch zahlreiche erfolglose zahnärztliche Behandlungsversuche ausschließlich auf eine somatische Verursachung ihres Leidens fixiert wurden. In einer solchen Situation wird die Erwähnung einer psychischen Komponente am Krankheitsgeschehen vom Patienten als Kränkung erlebt. Mangelndes Einsehen macht eine entsprechend interdisziplinär ausgerichtete Therapie unmöglich und die Prognose auf Heilung wenig realistisch.

Will man die Chance auf Heilung wahren, so ist ein stringentes Diagnose- und Therapiekonzept dringend erforderlich. Die Führung dieser Patienten erfordert immer eine frühzeitige distanzierte, wertfreie und strukturierte Analyse aller in Frage kommenden Einflussfaktoren. Dieses setzt neben zahnmedizinisch-behandlerischen Fähigkeiten ebenso Kompetenzen in Gesprächsführung, Erhebung der psychosozialen Anamnese, Abwägung differentialdiagnostischer Möglichkeiten, Patientenführung sowie die Kompetenz zur interdisziplinären Zusammenarbeit voraus. Da die Verdachtsdiagnose „Psychosomatische Störung“ erst berechtigt ist, wenn positive Hinweise auf ein solches Krankheitsgeschehen festgestellt werden, müssen typische Auffälligkeiten psychosozialer Krankheitsbilder auch dem Zahnarzt bekannt sein. Eine letzte Schwierigkeit ergibt sich dann in dem „richtigen“ Umgang mit dieser Erkenntnis.

Eine Studiengruppe umfasst mindestens 16 und maximal 22 Teilnehmer.

WK01 - Block I

Inhalte   

  • Krankheitsmodelle   
  • Diagnosekataloge   
  • Anamneseerhebung   
  • Kommunikation (mit praktischen Übungen)   
  • Forensik   
  • Somatische Differentialdiagnostik aus den Bereichen Zahnmedizin, Neurologie, MKG-Chirurgie, Allergologie/Dermatologie, HNO    
  • Schmerz, chronischer Schmerz   
  • Stressmodelle/Stressbewältigung   
  • Burnout   
  • Somatoforme Störungen   
  • Posttraumatische Belastungsstörungen   
  • Zahnbehandlungsangst


Lernziele   

  • Erarbeitung eines bio-psychosozialen Krankheitsverständnisses im Unterschied zur traditionellen primär somatischen Sichtweise   
  • Aufgaben im Sinne der psychosomatischen Grundversorgung: Ausschluss und Einschätzung (typischer) somatischer Befunde, Hinweise auf psychosoziale Einflussfaktoren (Diagnosekriterien und -hilfen, strukturierte Anamneseerhebung trotz diffuser Beschwerdebilder), Erhebung und Thematisierung schwieriger Gesprächsinhalte im Zahnarzt-Patientgespräch, Inhalt und Vorgehensweise eines Aufklärungsgesprächs, Aspekte und Übungen zur interdisziplinären Zusammenarbeit   
  • Juristische Spielräume und Absicherungen   
  • Kennzeichen typischer psychosomatischer Krankheitsbilder und deren Therapiemöglichkeiten
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WK02 - Block II

Inhalte   

  • Einführung Tiefenpsychologie   
  • Essstörungen   
  • Depression   
  • Neurose   
  • Psychose   
  • Borderline-Störung   
  • Suchterkrankungen   
  • Suizid   
  • Balintgruppenarbeit (mit praktischer Übung)   
  • Frühkindliche Entwicklungsstörung   
  • Körpertherapie   
  • Funktionelle Entspannung   
  • Körperdysmorphe Störungen   
  • Übersteigerte Würgreaktionen
     

Lernziele   

  • Grundwissen hinsichtlich spezieller psychosomatischer und psychiatrischer Erkrankungen: typische Kennzeichen, Therapiemöglichkeiten, Umgang mit betroffenen Patienten in der zahnärztlichen Praxis, Grenzen zahnmedizinischen Handels   
  • Krisenintervention und Umgang mit akut psychischer Dekompensation im zahnärztlichen Praxisalltag   
  • Vorstellung und Selbsterfahrung von körperbezogenen Verfahren anhand ausgewählter Beispiele   
  • Einführung in die Balintgruppenarbeit
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WK03 - Block III

Inhalte

  • Psychotherapieverfahren
  • Biofeedback (mit praktischen Übungen)
  • Coping
  • Compliance
  • Patientenführung
  • Praxismanagement
  • Präsentation eigener Fälle
  • Abschlusskolloquium
     

Lernziele

  • Aspekte der Krankheitsverarbeitung und der Umgang damit in der zahnärztlichen Praxis
  • Vorstellung unterschiedlicher Therapieoptionen
  • Zusammenfassung, Klärung noch offener Fragen
  • Vorstellung und Diskussion eines eigenen Falls


Nach bestandener Abschlussprüfung erhalten die Teilnehmer ein Zertifikat der APW. Die Teilnehmer erhalten eine Liste empfohlener Fortbildungsveranstaltungen, Tagungen wissenschaftlicher Gesellschaften, Periodika und Lehrbücher.

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Ihre Ansprechpartnerin

Anja Kaschub

Informationen

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Referenten:

Joanne Böckmann
Prof. Dr. Renate Deinzer
Dr. Claus Derra
Prof. Dr. Stephan Doering
Prof. Dr. Ulrich T. Egle
Prof. Dr.Dr. Stefan Evers
Prof. Dr.Dr. Ludger Figgener
Prof. Dr. Hans-Peter Jöhren
Prof. Dr.Dr. Johannes Kleinheinz
Dr. Jutta Margraf-Stiksrud
Prof. Dr. Petra Scheutzel
Dr. Inge Staehle
Dr. Friederike Tamm-Schaller
Dr. Andre Wannemüller
Prof. Dr. Anne Wolowski